Neuigkeiten
zu Strecke und Fahrplan
18.04.2013 |
Landkreis Nordhausen plant Ausstieg aus der HSB |
Am 9. April 2013 (Di.) fand eine Sitzung des Kreistags vom Landkreis Nordhausen (Freistaat Thüringen) statt. Auf dieser Sitzung reichte die Landrätin Birgit Keller (Fraktion Die Linke) eine Beschlussvorlage ein. In der Beschlussvorlage fordert Frau Keller den Kreistag auf, den Austritt des Landkreises aus der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) zu beschließen.
Der Landkreis Nordhausen hatte 1992 den Gesellschaftervertrag für die HSB unterschrieben. Sein Gesellschafteranteil beträgt 20 %. Daraus resultiert eine jährliche Einzahlung von 158.000 € in die Gesellschaft. Die übrigen 80 % Anteile der Gesellschaft verteilen sich auf den Landkreis Harz (Land Sachsen Anhalt), auf mehrere Kommunen in den Landkreisen Nordhausen und Harz sowie auf die Kurbetriebsgesellschaft Braunlage.
Das Ansinnen von Frau Keller – welche als Landrätin im Aufsichtsrat der HSB sitzt – hat die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrates und das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklungen und Verkehr völlig überrascht.
Als einen Grund für den Austritt aus der HSB nennt Frau Keller die Tatsache, dass die HSB jährlich Verluste macht. Ein weiterer Grund sei, dass der Landkreis Nordhausen von den anderen Gesellschaftern an den Rand gedrängt wird. Mit der Unternehmensstrategie ist Frau Keller nicht einverstanden. Insbesondere stört sie der Plan, in Wernigerode eine „gläserne Werkstatt“ zu errichten. Sie sieht darin eine weitere Bevorteilung von Wernigerode und Benachteiligung der Stadt Nordhausen. Wenn die HSB ihre Fahrzeuge nicht mehr im Dampflokwerk Meiningen reparieren lässt, fürchtet Frau Keller um die Existenz des Werkes in Südthüringen. Angesichts knapper Kassen hätte der Landkreis Nordhausen nach dem Austritt 158.000 € für andere Zwecke zur Verfügung.
Die Beschlussvorlage zum Austritt des Landkreises Nordhausen aus der HSB als Hilferuf zu werten, zeugt von schlechten Umgangsformen. Der erste Schritt wäre ein klärendes Gespräch gewesen.
Mit ihrem Vorgehen hat Frau Keller dem Ansehen der HSB geschadet und die Existenz des Unternehmens in Frage gestellt.
Es wurde eine umfangreiche Diskussion zum Für und Wider des Austritts aus der HSB ausgelöst. Das belegen die zahlreichen Presseartikel (siehe unten).
Wie die HSB reagieren wird, falls der Landkreis Nordhausen aus der Gesellschaft austritt, ist noch offen. Eine denkbare Konsequenz wäre die Reduzierung der Anzahl der zwischen Nordhausen und Eisfelder Talmühle verkehrenden Züge.
Nachfolgend ein paar Aspekte zum Thema:
Es gibt wohl kaum ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, welches einen umfangreichen Verkehr mit Dampfloks durchführt und gleichzeitig Gewinne macht. Der Betrieb mit Dampfloks ist bezüglich Personal und Wartung aufwändiger und somit kostenintensiver als der Betrieb mit modernen Fahrzeugen. Die Unternehmen können nur mit Zuschüssen überleben. Gerade wegen des größten zusammenhängenden, mit Dampfloks betriebenen Streckennetzes sind die Harzer Schmalspurbahnen (HSSB) ein Tourismusmagnet. Die HSB generiert indirekt Einnahmen im Hotel-/Gaststättengewerbe, bei den Kurbetrieben und anderen mehr. In einer Studie der Hochschule Harz (FH) Wernigerode wurde versucht, die auf der Existenz der HSSB beruhenden positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft in Zahlen auszudrücken.
Da auch im Landkreis Harz und in den Kommunen die Kassen nicht üppig gefüllt sind, ist unwahrscheinlich, dass die Gesellschafter die Anteile vom Landkreis Nordhausen übernehmen. Folglich ist die HSB zu Einsparungen – bis hin zu Personalentlassungen – gezwungen.
Von dem rund 140 Kilometer langen Harzer Schmalspurstreckennetz befindet sich der etwa 18 Kilometer lange Abschnitt Nordhausen Nord – Eisfelder Talmühle (Teil der Harzquerbahn) auf dem Territorium des Landkreises Nordhausen. Im Geschäftsbericht 2012 der HSB sind für diesen Bereich über 200 000 Fahrgäste ausgewiesen. Den größten Anteil an diesen Fahrgästen machen Schüler, Berufspendler und Besucher der Neanderklinik in Ilfeld aus. Diese Personengruppe würde das Streichen von Zugverbindungen besonders treffen.
Der im Jahr 2004 aufgenommene Mischbetrieb von Straßenbahn und Schmalspurbahn zwischen Nordhausen Nord und Ilfeld Neanderklinik ist in Deutschland einmalig. Um die dichte Zugfolge zu ermöglichen, musste die HSB umfangreiche Investitionen für entsprechende Sicherungstechnik (elektronisches Stellwerk in Nordhausen, Lichtsignale und Achszähler auf der Strecke) tätigen. Erst in jüngerer Zeit hat die HSB in die Strecke zwischen Nordhausen und Eisfelder Talmühle investiert. Es wurden Bahnübergangssicherungstechnik und Bahnsteige erneuert.
Obwohl die HSB die Fahrpreise mehrmals erhöht hat, hat sich das wirtschaftliche Ergebnis nicht verbessert. Den gestiegenen Einnahmen stehen gestiegene Ausgaben gegenüber. Das Dampflokwerk Meiningen der DB AG ist einer der Hauptschuldner an dieser Situation. Das Werk hat die Preise für Fahrzeugreparaturen nahezu verdoppelt.
Mit der neuen HSB-Werkstatt, können Kosten gespart und Arbeitsplätze von HSB-Mitarbeitern erhalten werden.
Es ist nicht auszuschließen, dass die DB AG eines Tages ihr Dampflokwerk in Meiningen schließt, weil sie kein Interesse an dem Werk hat, in dem hauptsächlich für andere Eisenbahnunternehmen Fahrzeuge repariert werden. Das Ausbesserungswerk Dresden-Friedrichstadt hat die DB AG auch erst vor Kurzem geschlossen. Es ist nachvollziehbar, dass die HSB rechtzeitig nach Alternativen sucht, um nicht eines Tages vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
Der Transport der Fahrzeuge von Wernigerode nach Meiningen und zurück per Straßentieflader kostet jedesmal ein paar Tausend EURO. Diese Kosten lassen sich mit einer eigenen Werkstatt in Wernigerode einsparen.
In einer Pressemitteilung des Vorstands der IG Harzer Schmalspurbahnen e. V. werden den Gründen von Landrätin Birgit Kelle für den Ausstieg aus der HSB Argumente für den Verbleib entgegengestellt.
